Citaro hybrid – und keiner merkt es
MERCDES-BENZ Keine Zwischenlösung auf dem Weg zur Elektromobilität, sondern eine Optimierung der bewährten Verbrennungsmotoren – so stellt Mercedes-Benz seinen neuen Citaro hybrid der Öffentlichkeit vor.

Der Citaro hybrid wurde 2017 bereits auf der Busworld Kortrijk (B) und bei der Hausmesse der EvoBus in Kloten vorgestellt. In Mannheim standen nun zwei Exemplare zur Testfahrt bereit. Allerdings muss man sich beim Citaro keinen herkömmlichen Hybrid vorstellen.
Im Normalfall weist das Wort Hybrid darauf hin, dass im Fahrzeug mehr als eine Kraftquelle für den Vortrieb sorgt. Wer Hybrid-Fahrzeuge schon gefahren ist, kennt die Eigenheiten dieser «Dual-Antriebstechnik», bei der verschiedene Anzeigen im Hauptdisplay den aktuellen Zustand und den momentanen Lade-/Entladeeffekt der Speicherbatterien rapportieren. Beim Bus fährt ein Hybrid normalerweise im Elektromodus in die Haltestelle ein und auch wieder zurück in den Verkehr. Gegebenenfalls kann ein Hybrid-Bus je nach Batteriekapazität kürzere oder längere Strecken im Elektromodus zurücklegen.
Mercedes-Benz geht einen anderen Weg. «Wir verstehen unsere Hybrid-Technik nicht als Zwischenlösung zum Elektrofahrzeug», wird anlässlich der Präsentation mehrmals betont. «Weder der Fahrer noch die Fahrgäste sollen einen Unterschied zum normalen Citaro spüren.» Bei den Mannheimern ist der Hybrid das Instrument, um den bewährten Diesel- oder Gasantrieb zu optimieren.
Unterstützung mit 48 Volt
Der Strom zum Antrieb des Elektromotors wird durch kurzzeitige Rekuperation erzeugt, indem der Elektromotor während Brems- und Schubphasen als Generator fungiert. Der Grund dafür liegt im verwendeten Stromspeicher, der keine herkömmliche Batterie ist, vielmehr wird der Strom in Supercaps, in Doppelschichtkondensatoren, «eingelagert». Supercaps eignen sich vorzüglich für den schnellen Wechsel zwischen Ladung und Entladung, was mit Anhalten und Anfahren den Regelfall im Stadtbuszyklus darstellt. Das einmalige Abbremsen des Citaro hybrid aus 50 km/h bis zum Stand genügt zur kompletten Aufladung der Supercaps.
Der Stromspeicher des Citaro hybrid besteht aus zwei Modulen mit einer Gesamtkapazität von 2 Ah und ist hinten auf dem Dach montiert. Ein Inverter oder Wechselrichter wandelt den gespeicherten Gleichstrom in Wechselstrom um zum Antrieb des Elektromotors. Inverter und E-Motor sind wassergekühlt. Ein weiterer wesentlicher Pluspunkt: Der Citaro hybrid verzichtet auf ein aufwendiges Hochvoltnetz. Der Stadtbus verfügt als erstes Nutzfahrzeug über ein separates 48-Volt-Netz, analog zu PW mit Hybridantrieb von Mercedes-Benz.
Als Verbrennungsmotoren dienen die bekannten und bewährten Dieselmotoren OM 936 und Gasmotoren M 936 G. Zur Reduktion des Diesel- oder Gasverbrauchs kommt nun der Kurbelwellen-Elektromotor ins Spiel. Bei Leistungsspitzen, wie beispielsweise der Anfahrt aus der Haltestelle, unterstützt der Elektromotor den Verbrennungsmotor. Dabei wird nicht etwa die Systemleistung erhöht, sondern über die Einspritzung der Verbrennungsmotor entsprechend gedrosselt. Weitere Verbrauchsoptimierungen werden durch die Leichtlaufachse ZF AV 133 (mit verlängertem Wartungsintervall) und der von ZF stammenden elektrohydraulischen Lenkung erreicht. Wie bereits bei den Vorgängermodellen (als Option)werden auch beim Citaro Hybrid 24-Volt-Nebenverbraucher wie zum Beispiel Lüftung und Innenbeleuchtung von einem Supercap, der unterhalb des Fahrerplatzes verbaut und von der Lichtmaschine gespeist wird, versorgt.
Wie bereits erwähnt, soll das Hybridsystem «Marke Mercedes-Benz» so funktionieren, dass keiner etwas merkt. Am Fahrerplatz bleibt alles wie gehabt. Eine Anzeige, die auf die Elektrotätigkeit hinweisen würde, sucht man vergeblich. Als einzige Veränderung macht sich die elektrohydraulische Lenkung mit einem sanften «Summen» bemerkbar. Auch der Fahrgast kann – selbst wenn er auf der hintersten Sitzbank Platz genommen hat – keinen Unterschied erkennen.
Dank der Tatsache, dass das Hybridnetz «nur» mit 48 Volt läuft, sind auch keine orangen Kabelstränge sichtbar. Das heisst für das Transportunternehmen, dass weder das Fahrpersonal noch die Mechaniker eine spezielle Schulung benötigen.
Der Citaro hybrid begeistert
Das neue Hybridfahrzeug spielt seine Stärken vor allem bei Strecken mit hohem Stop-and-go-Anteil aus. Da kann laut Mercedes-Benz trotz des systembedingten Mehrgewichts von 156 kg eine Verbrauchsoptimierung um bis zu 8,5 Prozent erreicht werden. «Wenn Sie einen Unterschied beim Antriebsstrang merken, bezahlen wir Ihnen ein Mittagessen», erklärte uns der Werksfahrer bei der Testfahrt durch «Mannheim-City». Nun, da hätten wir vermutlich verloren. Ausser dem leichten Elektrosummen bei Lenkvorgängen war dies eine Fahrt mit einem ganz normalen Citaro.
Die Hybridtechnik wird ausschliesslich beim Citaro, und dies beim ganzen Programm vom K bis hin zum Gelenkbus, in Kombination mit den erwähnten OM-936-Motoren angeboten. Auch der Aufpreis von ca. 16 000 Franken wird von den Unternehmen akzeptiert, bei der angegebenen Verbrauchsreduktion sind diese Mehrkosten relativ schnell wieder eingefahren. Das Fahrzeug wird vom Markt gut angenommen, laut Mercedes-Benz läuft der Bestellungseingang des Citaro hybrid auf Hochtouren.






