Mit dem Lion’s Coach auf der Touristik-Route
MAN LION'S COACH Modern, auffällig und zugleich zeitlos präsentierte sich der Star des MAN-Standes bei seiner Premiere an der Busworld 2017. Nur gut aussehen allein reicht aber nicht. Darum musste der MAN Lion’s Coach seine Qualitäten auf der Teststrecke über die Schwägalp beweisen.

Lange, fast zu lange änderte sich optisch beinahe nichts beim Lion’s Coach. An der Busworld 2017 durfte sich der Nachfolger endlich dem breiten Fachpublikum präsentieren. Von Grund auf neu ist der unverwüstliche «Schwerarbeiter» nicht, da der bestehende Baukasten als Basis übernommen wurde. Trotzdem hat sich aber einiges verändert. Dank hochfesten Stählen, neuen Rohrquerschnitten und dem patentierten Rohr-in-Rohr-System erfüllt MAN die EU-Norm ECE R66.02, was dem Passagier eine grössere Überlebenschance bei einem Überschlag garantiert. Ein Frontaufprallschutz steht aber immer noch nicht im Programm. Trotz dieser baulichen Massnahmen konnte das Fahrzeuggewicht gehalten werden.
Auffallend oder schon fast mutig hat sich die Design-Abteilung der Front und dem Heckbereich gewidmet. Einen starken Auftritt auf den ersten Blick bietet die Frontpartie mit den neuen Scheinwerferelementen. Nicht nur das elegant geschwungene Tagfahrlicht, das zugleich als Blinker fungiert, auch die Hauptscheinwerfer sind in LED-Technik gehalten. Diese Leuchtelemente kommen etwas später auch beim LKW zum Einsatz. Dass dem Bus eine Neuentwicklung vor dem Lastwagen spendiert wird, darf als Novum angesehen werden. Die grossflächige, in schwarzer Farbe gehaltene Abdeckung, welche die Scheibenwischer aufnimmt, lässt die Frontscheibe optisch grösser wirken. Darunter thront das aus dem Linienbus bekannte Emblem, die breite Zierleiste mit dem Löwen in der Mitte.
Massiv verändert wurde auch das Heckdesign. Neben den filigran wirkenden Eckelementen kommt das Heck von oben bis hin zur Stossstange inklusive der dunkel getönten Heckscheibe in Schwarz daher. Auch in diesem Bereich achteten die Designer auf kleinste Details. So wurden die Rückleuchten, natürlich auch in LED, formschön ins neue Heck eingepasst. Trotz der neuen Designelemente ist der Lion’s Coach aber klar als Fahrzeug aus dem Hause MAN erkennbar.
Grosse Klappe
Viel Platz bieten die vorhandenen Stauräume. Unter dem Fahrersitz befindet sich statt der Batterie der Werkzeugkasten mit all den üblichen Utensilien. Ein grosszügiger Stauraum steht über den Achsen zur Verfügung. Schade ist dabei, dass dieser nur vom Kofferraum aus erreichbar ist und verstaute Gepäckstücke somit teilweise nur mit einem Hilfsmittel wieder erreicht werden können. Andere Marken setzen auch über den Achsen auf Kofferraumklappen. Der mit maximal 11,7 m3 angegebene Kofferraum bietet genügend Platz für Mehrtagesfahrten oder Sportvereine wie bspw. Eishockey-Teams mit ihren riesigen Gepäckstücken. Die Batterien befinden sich gut geschützt auf der linken Seite im Heckbereich. Hinten rechts bei der Abgas-Nachbehandlung ist auch der AdBlue-Tank verbaut. Grosszügig gestaltete Seiten- und Heckklappen ermöglichen einen optimalen Zugang zur Technik.
Wohlfühlambiente im Innenraum
Über vier Stufen erreicht man den Fahrer-Arbeitsplatz. Viel verändert hat sich gegenüber dem Vorgänger nicht. Positiv fallen die grösseren Ablagen unterhalb des Seitenfensters links auf. Neu gestaltet wurde das farbige Zentraldisplay, auf dem auch die Informationen des Abstandsregeltempomaten angezeigt werden. Auch beim Reiseleiterplatz hat sich nichts verändert. Der Beinraum ist grosszügig vorhanden, es fehlt aber an Platz für Unterlagen und persönliche Utensilien. Dies kann mit einem zusätzlichen Kasten zwischen dem Reiseleitersitz und der Seitenwand etwas entschärft werden.
Über zwei weitere Stufen erreicht der Passagier seinen Sitzplatz, beim Mitteleinstieg sind fünf Stufen zu überwinden. Der ganze Passagierraum wurde punkto Design nur sanft angefasst. Die Hutablagen wurden nach vorne verlängert und beherbergen die indirekte, natürlich in LED gehaltene Innenraumbeleuchtung. Hellere Materialien bewirken ein freundliches Ambiente. Dank dem podestlosen Innenboden stehen dem Unternehmer verschiedene Optionen bis hin zur 2+1-Bestuhlung zur Verfügung.
Unser Eindruck nach der Testfahrt
Als Fahrzeug stand ein Lion’s Coach in der 12-Meter-Variante zur Verfügung. Unsere «Original-Teststrecke» mussten wir etwas den Gegebenheiten anpassen. Diesmal starteten wir im Raum Matzingen, beim Autobahn-Rastplatz Hexentobel. Unsere Route führte uns über Herisau, die Schwägalp, den Ricken, Pfäffikon ZH, Turbenthal und Aadorf zurück auf die Autobahn zum Ziel bei der Firma Huwag in Mörschwil.
Die Aufwärmetappe bis nach Urnäsch vermittelte den Eindruck, als hätte sich bei der Technik nichts verändert. Die Bergstrecke bot bereits ein anderes Bild. Der gegenüber dem Vorgänger um 20 PS stärkere und um 200 Nm angehobene 460 PS starke Sechszylinder-Reihenmotor, gekoppelt mit dem bekannten, automatisch geschalteten 12-Gang-TipTronic-Getriebe, zeigte in der Steigung – auch bei der Berganfahrt aus dem Stand – keine Schwächen. Natürlich war das Fahrzeug unbeladen, aber auch unter Volllast ist mit der vorhandenen Motorisierung ein zügiges Vorwärtskommen garantiert. Gefallen hat auch die Schaltstrategie; trotz der zwölf Gangstufen konnte kein sinnloses Runter- und Hochschalten beobachtet werden.
Auf der Talfahrt erleichtert der Bremsomat die Arbeit des Fahrers. MAN-üblich, tritt man bei der gewünschten Maximalgeschwindigkeit kurz auf die Bremse. Ab diesem Zeitpunkt hält das Fahrzeug die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit fast auf den Kilometer genau und wählt dabei die entsprechende Gangstufe und Bremstechnik selbstständig.
Gefallen hat vor allem bei der grossen Sommerhitze die Arbeit des Klimacenters. Ruhig und kaum wahrnehmbar verrichtete die Klimaanlage ihre Arbeit. Natürlich kann der Fahrer sein eigenes Wohlfühlklima einstellen.
Das Fahrzeug hat einen hervorragenden Eindruck hinterlassen, aber dennoch sind uns ein paar kritische Punkte aufgefallen. Dass bei der Front kein Unterfahrschutz (Schlitten) verbaut wurde, wussten wir bereits seit der Präsentation an der Busworld. Auch der untere Abschluss der Frontpartie mit seinem etwas gar grossen Spaltmass birgt ein Gefahrenpotenzial. Wenn sich da beim Rückwärtsfahren und Manövrieren bspw. ein Ast verfängt, kann dies einen grösseren Schaden zur Folge haben. Wie bereits erwähnt, könnten auch die Staufächer über den Achsen mit Kofferraumklappen besser nutzbar gemacht werden. Noch ein kleines, aber nicht unwesentliches Detail war die nicht vor Gepäck geschützte Wasserpumpe für den Frischwassertank im Kofferraum.
Auf der Autobahn schätzten wir den GPS-unterstützten Tempomaten EfficientCruise in Verbindung mit EfficientRoll, das vorausschauend und aktiv in die Gangwahl eingreift und zusätzlich die Rollfunktion aktiviert. Etliche Etappen konnten so im Leerlauf-Modus «abgerollt» werden. Auch ein Auflaufen auf einen vorausfahrenden LKW meisterte der Abstandsregeltempomat ohne Probleme mit sanftem Anpassen der Geschwindigkeit. Nur beim Langsamverkehr gab es teilweise zu abrupte Bremseinsätze; dies kann bestimmt mit der Feinjustierung noch etwas entschärft werden.
Mit dem neuen Lion’s Coach hat MAN «endlich» wieder ein vom Design her gesehen äusserst modernes Fahrzeug im Programm. Modernste Technik und – ausser dem Frontaufprallschutz – alle zur Verfügung stehenden Sicherheitselemente erleichtern dem Fahrer die Arbeit und garantiert eine äusserst angenehme und sichere Fahrt auch für die Fahrgäste.