Rückegassen für die Ewigkeit

FORSTWESEN Im Forstrevier Hinwil ZH ist die Holzhauerei-Saison zu Ende. Mithilfe von Forstmaschinen wurden die Stämme aus dem Wald transportiert. Dies geschieht jeweils von den Forstleuten exakt geplant und vor allem bodenschonend. Die schweren Maschinen befahren den Wald nur auf Waldstrassen oder in speziell definierten Rückegassen.

Waldarbeiter und Landwirt Ruedi Beyeler Rückegassen TIR transNews
Der Waldarbeiter und Landwirt Ruedi Beyeler ist bemüht, mit seinem Traktor den Waldboden so schonend wie möglich zu befahren. Dazu nutzt er sogenannte Rückegassen.

Der Landwirt Ruedi Beyeler aus Girenbad ZH ist mit seinem blauen Traktor «Ford Turbo 3930» unterwegs. Nicht wie gewohnt auf seinen landwirtschaftlichen Flächen, sondern im Wald. Er und sein Kollege Jost Schuler erledigen im Waldstück Bühlholz bei Hinwil im Auftrag des Försters einen Holzschlag. Die gefällten Fichten und Buchen werden mittels Seilwinde am Traktor aus der Fläche herausgeschleift. Der 38-jährige Landwirt fährt mit seinem Traktor langsam und konzentriert. Er zieht die Stämme durch die klar signalisierte Rückegasse in Richtung Waldstrasse, wo das Holz bis zu seinem Abtransport gelagert wird. Der vier Tonnen schwere Traktor von Beyeler ist für den Waldboden kein Leichtgewicht und hinterlässt seine Spuren. Darüber sind sich der Förster und die zwei Waldarbeiter sehr wohl bewusst.

Boden heisst Leben

Der Boden besteht neben Erde, Wurzeln und Steinen aus vielen Hohlräumen, die mit Luft und Wasser gefüllt sind. In ihm leben unzählige Bakterien, Milben, Insekten, Würmer, Pilze und vieles mehr. Die Forstmaschinen verursachen mit ihrem Gewicht Verdichtungen und Verformungen im Boden. Die Bodenfunktion und Vegetation wird dadurch beeinträchtigt. Der Einsatz der Maschinen und der Abtransport des Rohstoffes müssen deshalb detailliert geplant sein. Der Förster Stefan Burch des Reviers Hinwil/Wetzikon bespricht mit dem Waldbesitzer nicht nur die zu fällenden Bäume. Nein, es wird gemeinsam definiert, mit welchen Maschinen, auf welchen Transportwegen die Stämme aus dem Wald geholt, wo sie gelagert und später abgeholt werden. «Intakte Böden sind das Fundament für einen nachhaltigen, lebendigen Wald. Die Holzhauerei muss so bodenschonend wie möglich stattfinden», erklärt Burch. Aus diesem Grund werden abseits der Waldstrassen sogenannte Rückegassen definiert. Nur in ihnen dürfen die Forstmaschinen, ob Vollernter oder Traktor, während der Holzernte fahren, um den verbleibenden Waldbestand zu schonen. «Die Gassen werden nur bei zulässigen Witterungsbedingungen befahren. Wenn es stark regnet oder die Schneeschmelze eintritt, unterbrechen wir die Arbeiten vor Ort, um den durchnässten Boden nicht unnötig zu belasten», führt Burch aus. Eine Herausforderung für die Forstleute, denn die Winter werden immer milder und nässer.

Gassen für die Ewigkeit TIR transNews
Traktorspuren sind bei aller Sorgfalt nicht zu vermeiden.

Ein Planungsinstrument für Rückegassen

Rückegassen werden nicht nur während eines Holzschlages und nur von einer Generation benützt. Sie sind ein Stück «Ewigkeit». So war zum Beispiel die Gasse im Waldstück Bühlholz das letzte Mal vor zirka 20 Jahren im Einsatz. Stefan Burch begibt sich während der Planungsphase von Holzschlägen auf die Suche nach den vor Jahren benützten Gassen. Dazu nimmt er Orthofotos (Luftbilder) zu Hilfe oder sucht in den Flächen nach ihnen. Rückegassen sind für die Fachleute auch nach Jahren noch zu erkennen. Denn durch die Verdichtung des Bodens verändert sich die Vegetation vor Ort, und die Fahrspuren sind noch zu entdecken. Sobald der Förster fündig wird, kennzeichnet er diese mit einem gut erkennbaren blauen Balken am Stamm im Wald, zeichnet diese auf einen Plan ein und überträgt die Informationen im Computer auf eine digitale Karte im sogenannten Geographischen Informationssystem (GIS). Eine gute Dokumentation ist dadurch am Entstehen. Sie ist sicherlich nicht nur ein gutes Planungsinstrument für Stefan Burch, sondern auch für die kommenden Generationen von Forstleuten. Befahrene Gassen sehen oft für die Öffentlichkeit alles andere als ordentlich und sorgfältig befahren aus. Ruedi Beyeler hat Verständnis: «Ja, der Boden in einem frischen Holzschlag sieht für das blosse Auge nicht immer schön aus. Aber wir halten dem Boden Sorge. Er ist ein Lebewesen, auf welches wir angewiesen sind.» Und er weiss aus Erfahrung, dass die Gassen sich bis im Sommer wieder gut ins Waldbild eingefügt haben werden.

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