MAN eTruck: elektrischer Durchbruch im Schwerverkehr

1000 E-LKW BIS JAHRESENDE MAN Truck & Bus präsentierte in München die ersten Serienfahrzeuge des eTruck. Mit bis zu 740 Kilometern Reichweite und innovativer Technik markiert der vollelektrische Lastwagen den Beginn einer neuen Ära im nachhaltigen Transportwesen. Die Serienproduktion läuft.

Die Serienproduktion des MAN eTruck ist gestartet, erste Fahrzeuge sind nun auf der Strasse anzutreffen.
Die Serienproduktion des MAN eTruck ist gestartet, erste Fahrzeuge sind nun auf der Strasse anzutreffen.

Nachdem wir im vergangenen Jahr bereits ein Vorserienfahrzeug testen konnten, waren die Erwartungen an die ersten Serientrucks entsprechend hoch. Die Serienproduktion der MAN E-Lkw ist im Juni 2025 angelaufen. Neu werden sowohl Elektro- als auch Diesel-Lkw in einer vollintegrierten Mischproduktion auf ein und derselben Linie gefertigt. «Der Start der Serienproduktion unserer Elektro-Lkw ist historisch. Die Zukunft von MAN beginnt jetzt, genau in diesem Moment», sagt MAN CEO Alexander Vlaskamp. Er betont, dass die gemeinsame Fertigung von eTruck und Diesel-Lkw auf einer Linie eine enorme Flexibilität und Wirtschaftlichkeit in der Produktion ermöglicht.

Die Palette der vollelektrischen MAN-Lastwagen reicht von 12 bis 50 Tonnen und deckt von der Müllsammlung bis zum Fernverkehr alle Einsatzbereiche ab. Bis zum Jahresende sollen die ersten 1000 Elektro-Lkw ausgeliefert werden. Damit liessen sich, je nach Einsatz und Strommix, CO₂-Emissionen einsparen, die vergleichbar mit denen einer Kleinstadt sind, nämlich bis zu 80 000 Tonnen. «Die Politik muss nun mit Blick auf den Ausbau der Infrastruktur und CO₂-Bepreisung die Weichen richtigstellen, damit der Hochlauf in der E-Mobilität weiter Fahrt aufnimmt», so Vlaskamp weiter.

Die unterschiedlich schweren Testfahrzeuge wiesen auch unterschiedliche Verbräuche auf.
Die unterschiedlich schweren Testfahrzeuge wiesen auch unterschiedliche Verbräuche auf.

700 E-Lkw verkauft

Vor dem Start der Serienproduktion hatte MAN bereits knapp 200 elektrische Vorserien-Lkw gefertigt und an Kunden übergeben. Diese Fahrzeuge legten bereits rund zwei Millionen Kilometer im realen Kundeneinsatz auf Europas Strassen zurück – teils mit Tagestouren von bis zu 850 Kilometern und sehr geringen Verbräuchen von durchschnittlich 97 kWh/100 km. Insgesamt hat MAN bereits rund 700 Aufträge für Elektro-Lkw erhalten.

Besonders attraktiv ist der E-Lkw für Einsätze in der Automobillogistik: Die Ultra-Lowliner-Sattelzugmaschine ist mit einer Aufsattelhöhe von nur 950 mm und einem Radstand von 3,75 m einzigartig auf dem Markt. Damit sind auch vollelektrische Transporte mit drei Metern Innenladehöhe möglich. Ein weiterer Vorteil des eTrucks sind die drei bis sechs modular kombinierbaren NMC-Batterien aus dem MAN-Werk Nürnberg. Die Bruttokapazität von bis zu 534 kWh reicht problemlos für bis zu 500 Kilometer ohne Zwischenladen. Für noch grössere Reichweiten gibt es optional sogar eine siebte Batterie, mit der bis zu 740 Kilometer ohne Zwischenladen gefahren werden können.

Die Armaturen von eTGX und eTGS sind sehr übersichtlich und die Menüfunktionen einfach zu verstehen.
Die Armaturen von eTGX und eTGS sind sehr übersichtlich und die Menüfunktionen einfach zu verstehen.

MAN eTruck optimal positioniert

Durch die variabel positionierbaren Batterien bei den 18- bis 28-t-Fahrgestellen sind der MAN eTGX und eTGS besonders aufbaufreundlich. Links oder rechts am Rahmen gibt es genügend Platz für Hochleistungspumpen, Ausrüstungsstauräume, Kranabstützungen und ähnliche Komponenten. Hinzu kommt eine Vielzahl an mechanischen und elektrischen Antrieben für Aufbaufunktionen in verschiedenen Leistungsklassen. Neun verschiedene Radstände und sechs Fahrerhausvarianten werden für das vollelektrische Fahrzeug angeboten.

Mechanische wie auch elektromechanische Nebenantriebe für Aufbauten sind leicht integrierbar.
Mechanische wie auch elektromechanische Nebenantriebe für Aufbauten sind leicht integrierbar.

Die kompakte Bauform der Batterien ist ebenfalls der Grund, weshalb MAN den neuen eTruck auch als Ultra-Lowliner anbieten kann. Die beiden Batterien unter dem Fahrerhaus sorgen – so wie der Verbrennungsmotor bei konventionellen Fahrzeugen – für eine optimale Gewichtsverteilung. Dazu trägt zusätzlich die Positionierung der Antriebseinheit bei. Sie sitzt zentral im Rahmen und umfasst den Synchron-Elektromotor, den für die Umwandlung von Batteriegleichstrom in Wechselstrom und für die Motorsteuerung zuständigen Inverter und das je nach Leistungsauslegung verwendete 2- oder 4-Gang-Getriebe, das die aus dem bisherigen Fahrzeugportfolio bewährten Antriebsachsen über eine konventionelle Gelenkwelle antreibt.

E-Motor in drei Konfigurationen

Der Elektromotor leistet je nach Konfiguration 333 PS (245 kW), 449 PS (330 kW) oder 544 PS (400 kW) mit entsprechend 800, 1150 oder 1250 Nm maximalem Drehmoment. Die maximal mögliche Rekuperationsleistung entspricht der Antriebsleistung des Elektromotors und ist damit vergleichbar mit Hochleistungsdauerbremsen für Dieselmotoren. Die automatische Schaltung des Getriebes unterstützt dabei die bestmögliche Rekuperation mit erhöhten Motordrehzahlen. Vorteile dieses Antriebskonzepts von eTGX und eTGS sind – neben einer hervorragenden Nutzlast der Hinterachse – ein hoher Fahrkomfort durch geringe ungefederte Massen sowie ein guter Schutz der im Rahmen sicher gelagerten Antriebseinheit vor Stössen und Schwingungen. Zudem ist bei dieser Einbaulage ein mechanischer Nebenantrieb, etwa für Hydraulikpumpen, leicht integrierbar, wie auch der Anschluss eines elektromechanischen Nebenantriebs.

Dank der Gesamtkombination aus modularem Batteriekonzept mit nutzlast- und aufbaufreundlicher Positionierung der Antriebseinheit sind auch sehr kurze Radstände ab 3,75 m möglich, was die Sattelschlepper kompatibel mit allen gängigen Sattelanhängervarianten innerhalb der zulässigen Gesamtlängenvorgaben macht.

Die kompakte Bauweise der Batterien bietet Platz für zusätzliche Ausrüstung am Fahrgestell.
Die kompakte Bauweise der Batterien bietet Platz für zusätzliche Ausrüstung am Fahrgestell.

Die MAN-eTruck-Testfahrzeuge

Sechs verschiedene MAN eTrucks standen zur Verfügung, davon fünf Sattelmotorfahrzeuge und ein Solofahrzeug, die wir auf öffentlichen Strassen sowie einer kleinen Offroad-Strecke lenken durften. Nachdem ich bereits 2024 beim grossen E-Truck-Vergleichstest das Vorserienfahrzeug fahren konnte (TIR 9-2024), war ich umso gespannter auf die Serienversionen. Schon nach wenigen Kilometern mit dem ersten Testfahrzeug, einem eTGX-Sattelzug mit 42 t Betriebsgewicht, war der Unterschied zur Vorserie zu spüren. Trotz des hohen Gewichts liess sich der eTruck einwandfrei manövrieren. Die meiste Zeit auf der rund 48 Kilometer langen Strecke fuhren wir im Ecomodus (Range), den es im Vorserienfahrzeug noch nicht gab. Er reduziert Leistung und Drehmoment für mehr Reichweite. Sinnvoll ist der Ecomodus vor allem bei leichten Lasten und im Stadtverkehr. Der Leistungsmodus (Performance) hingegen bringt volle Leistung in Steigungen und bei schweren Lasten. Der Normalmodus (Efficiency) bietet eine ausgewogene Balance zwischen Leistung und Effizienz. Die unterschiedlichen Demofahrzeuge zeigten auf, wie sich der Verbrauch je nach Einsatz, Gewicht und Fahrweise doch sehr verändern kann.

Mit dem MAN eTGS, hier als Welaki, ist man auch abseits asphaltierter Strassen gut unterwegs.
Mit dem MAN eTGS, hier als Welaki, ist man auch abseits asphaltierter Strassen gut unterwegs.

Die Beschleunigung im Ecomodus war eher gemächlich, aber akzeptabel. Als Lastwagenführerin konnte ich es im eTGX nicht lassen, stellenweise kurz in den Leistungsmodus zu wechseln, um doch etwas mehr Power für die Auffahrt auf die Autobahn zu haben. So hat sich natürlich der Verbrauch etwas erhöht, blieb aber trotzdem in einem absolut komfortablen Bereich von 101,5 kWh/100 km. 12 kWh konnten auf diesen 48 Kilometern rekuperiert werden.

Die Rekuperation wird über das Bremspedal oder den Rekuperierhebel mit fünf Stufen ausgelöst. Der eTGX verfügte zudem über ein zweistufiges One-Pedal-Drive. Mit einem gefühlvollen Fuss lässt sich der MAN auch so sanft und trotzdem effizient abbremsen und rekuperieren. In jedem Fall funktioniert das Rekuperieren einwandfrei und holt auch im flacheren Gelände viel Energie zurück.

Nebst den drei Fahrmodi gibt es mit Manoeuvre einen Modus, um das Rangieren zu erleichtern.
Nebst den drei Fahrmodi gibt es mit Manoeuvre einen Modus, um das Rangieren zu erleichtern.

Alle erprobten Fahrzeuge haben einen sehr positiven Eindruck hinterlassen. Nicht nur das Fahrverhalten, sondern auch der Komfort in der Kabine lässt keine Wünsche offen. Etwas breit geraten ist das Display der Spiegelkamera fahrerseitig, das doch relativ viel Sicht um die A-Säule herum nimmt. Insgesamt ist das Serienfahrzeug des MAN eTrucks aber technisch und optisch sehr gelungen.

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