Über 1000 km mit nur einer Tankfüllung Wasserstoff

WASSERSTOFFANTRIEB Erstmals spult ein FCEV-Lastwagen über 1000 Kilometer mit einer einzigen Tankfüllung ab. Dabei ging es in erster Linie auch darum, ein Statement für flüssigen Wasserstoff zu machen, der eine höhere Energiedichte aufweist, als der allgemein eingesetzte gasförmige Wasserstoff.

Actros FCEV 1000 km Rekordfahrt TIR transNews
Der GenH2-Truck bei der Zieleinfahrt nach über 1000 km zwischen Wörth und Berlin. Die Distanz von genau 1047 km wurde mit einer Tankfüllung verflüssigten Wasserstoffs geschafft.

Erprobungsfahrten mit dem Brennstoffzellenlastwagen GenH2 von Mercedes-Benz sind an sich keine Besonderheit mehr. Die angepeilte Rekordfahrt, die eine Strecke von 1000 km mit nur einer Tankfüllung zum Ziel hatte, darf im Umfeld von Wasserstofffahrzeugen doch als speziell bezeichnet werden. Wie anhand der knapp 50 Hyundai-Lastwagen in der Schweiz tagtäglich zu sehen ist, ist die industrielle Funktionstüchtigkeit von Brennstoffzellensystemen im Nutzfahrzeugeinsatz längst bewiesen. Dabei bieten die 38-Tonnen-Anhängerzüge von Hyundai Hydrogen Mobility HHM mit gasförmig gespeichertem Wasserstoff aktuell reale Reichweiten von etwa 400 km.

Gasförmig oder flüssig?
Daimler Truck peilt jedoch auf lange Sicht für den Fernverkehr, wie er rund um die Schweiz und in weiten Teilen Europas an der Tagesordnung ist, Reichweiten von 800 und mehr Kilometern an. Erzielen will man dies durch das Mitführen des Wasserstoffs in flüssiger Form, also tiefstgekühlt auf minus 253 °C. Flüssiges H2 bietet, bezogen aufs Volumen, eine deutlich höhere Energiedichte als die heute allgemein und auch im Schweizer Wasserstoffkreislauf eingesetzte gasförmige Variante. Es benötigt aber zur Herstellung ebenfalls deutlich mehr Energie.

Die Rekordfahrt Ende September hatte das Ziel, zu zeigen, dass Wasserstoff bei LKW alles andere als heisse Luft ist, wie Andreas Gorbach, Vorstand Truck Technology der Daimler Truck AG, bei der Zieleinfahrt des GenH2-Trucks in Berlin zum Ausdruck brachte. Der Lastwagen war am Vortag beim Werk in Wörth gestartet und nach 1047 zurückgelegten Kilometern in der Nähe des Brandenburger Tors keine 24 Stunden später eingetroffen. Doch die Rekordfahrt ist gemäss Gorbach zugleich ein Appell daran, dass neben der richtigen Technologie noch zwei weitere Faktoren für die Dekarbonisierung des Transports notwendig sind: eine grüne Energieinfrastruktur und wettbewerbsfähige Kosten gegenüber konventionellen Fahrzeugen.

Die Brennstoffzelle im GenH2-Truck stammt von Cellcentric, dem Joint Venture von Volvo und Mercedes.
Die Brennstoffzelle im GenH2-Truck stammt von Cellcentric, dem Joint Venture von Volvo und Mercedes.

Cellcentric läuft
Das technologische Herz des GenH2-Trucks sind zwei Brennstoffzellen, die das von Volvo und Mercedes gegründete Joint Venture Cellcentric liefert. Die Rekordfahrt zeigte erneut, dass Cellcentric mit seiner Entwicklung auf Kurs ist und sich mittelfristig zu einem grossen Brennstoffzellenplayer entwickeln könnte. Das Joint Venture ist übrigens ein unabhängiges Unternehmen, das nicht an Daimler und Volvo gebunden ist, also auch für andere OEM ein potenzieller Lieferant für deren FCEV-Lösungen ist.

Die nächsten Schritte mit dem GenH2-Truck sind definiert und Mercedes-Benz Truck will in ein, zwei Jahren das Fahrzeug im Feldtest bei Kunden einsetzen. Der Serienstart sollte in der zweiten Hälfte der Dekade möglich sein. «Aber nicht wir entscheiden, wann der Serienstart wirklich ist, sondern das hängt vielmehr vom Umfeld ab», erläutert Gorbach in Berlin. Wobei mit dem Umfeld die Tankinfrastruktur und der Wasserstoff gemeint seien, wie er präzisiert. Allerdings erschwert die Präferenz von flüssigem Wasserstoff eine rasche Umsetzung, denn aktuell findet der kostspielige Ausbau der Infrastruktur ausschliesslich mit Tankstellen für gasförmigen Wasserstoff statt.

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