Zwei Volvo FH Aero zeigen sich von ihrer besten Seite

DIREKTER VERGLEICH Volvo Trucks Schweiz stellte uns zwei auf den flüchtigen Blick identisch wirkende FH Aero zur Vergleichsprobefahrt bereit: Einen dieselbetriebenen FH Aero 460 mit verbesserten Sicherheitsassistenten und der erweiterten Form von I-Roll, und einen FH Aero Electric.

Nicht nur äusserlich haben die beiden Volvo-Flaggschiffe FH Aero Electric (links) und FH Aero 460 viel gemeinsam.
Nicht nur äusserlich haben die beiden Volvo-Flaggschiffe FH Aero Electric (links) und FH Aero 460 viel gemeinsam.

Unsere Fahrt führt uns von Volvo Group Dällikon über Dielsdorf, Bülach und weiter über das etwas höher gelegene Eschenmosen nach Embrach und Winterthur. Via Autobahn geht es dann zurück nach Dällikon. So können in kurzer Zeit Stadtverkehr, Landstrasse, Autobahn und ein paar Höhenmeter gefahren werden.

Wir starten mit dem FH Aero Electric. Mit 490 kW Dauerleistung (666 PS) sind die Hügel im Zürcher Unterland keine grosse Herausforderung. Die Gangwechsel sind kaum spürbar, in der Kabine ist es fast totenstill. Auch bei höherem Tempo wartet man vergebens auf störende Windgeräusche oder Vibrationen. Nahezu lautlos gleitet der modern gestaltete Volvo mit High Sleeper Cab durch den dichten Verkehr der Agglomeration Zürich. Von der kurvigen und ansteigenden Strasse von Bülach nach Eschenmosen lässt sich der E-Truck überhaupt nicht beeindrucken. Ohne Verzögerung wechselt er sauber die Gänge und meistert den Höhenunterschied problemlos. Die Kraft der drei Elektromotoren ist förmlich spürbar und lässt die Lenkende fast vergessen, dass der Sattelzug satte 36 Tonnen wiegt. Auch auf der abfallenden Strasse nach Embrach kann die Geschwindigkeit mittels Rekuperierhebel reduziert und gleichzeitig Energie zurückgewonnen werden. Das Armaturenbrett an sich wirkt nach wie vor sehr wuchtig und nimmt viel Platz in der Kabine ein, vor allem im Bereich des Beifahrers.

Die gestochen scharfen Kamerabilder auf den Displays in den A-Säulen bieten beste Sicht rund um das Fahrzeug. Bei Kurvenfahrten ist zudem die ganze rechte Fahrzeugseite samt hinterem Fahrzeugende sichtbar, was zusätzliche Sicherheit bringt. Bei Nacht- und Tunnelfahrten können die Bildschirme auf Weisslicht umgestellt werden und sorgen so auch bei Dunkelheit für beste Rundumsicht. Etwas schade ist, dass die Fahrzeugfront und rechte Kabinenecke/-seite immer noch über Front- und Rampenspiegel eingesehen werden müssen. Ein CornerEye wäre als Ergänzung zu den vorhandenen Kamerasystemen deutlich eleganter als die beiden grossen herkömmlichen Spiegel.

Assistenten reduzieren Stress

Die im Fahrzeug verbauten Sicherheitssysteme sind nahezu perfekt. Das Zusammenspiel der Assistenten trägt zu einer entspannten und sicheren Fahrt bei. Dies widerspiegeln auch die aktuellsten Ergebnisse der europäischen Verbrauchertest-Organisation Euro NCAP. Zum ersten Mal überhaupt wurde die Sicherheit von schweren Lkw bewertet. Dabei erhielten die zwei meistverkauften Modelle von Volvo, der Volvo FH und der Volvo FM, die Höchstwertung von fünf Sternen. Beide Modelle erfüllen zudem die zusätzlich eingeführten CitySafe-Kriterien. Der Volvo FM erzielte sogar das beste Gesamtergebnis unter allen getesteten Lkw.

Das Cockpit im FH Aero ist dem Fahrer zugewandt, dies geht zulasten des Platzes beim Beifahrer.
Das Cockpit im FH Aero ist dem Fahrer zugewandt, dies geht zulasten des Platzes beim Beifahrer.

Mitverantwortlich für das vorbildliche Sicherheitsniveau sind zwei überarbeitete Assistenten, die den Schutz von Fussgängern und Radfahrern verbessern. Das Active Side Collision Avoidance Support System (oder einfacher: der aktive Abbiegeassistent) ist eine Weiterentwicklung des Seiten-Kollisionsüberwachungssystems, das um eine aktive Bremsfunktion ergänzt wurde. Mithilfe von Radarsensoren, die herannahende Radfahrende erkennen, kann das System die Chauffeure warnen und bei Bedarf den Lkw aktiv abbremsen, um eine Kollision beim Abbiegen auf der Beifahrerseite zu vermeiden.

«Immer noch ist bei 15 Prozent der tödlichen Verkehrsunfälle ein Lastwagen beteiligt. Und gerade der innenstädtische Verkehr ist eine grosse Herausforderung für jeden Lastwagenchauffeur», erklärt Anna Wrige Berling, Traffic & Product Safety Director bei Volvo Trucks. «Dieses Sicherheitssystem zum Schutz von Radfahrenden in der Stadt ist eine unserer jüngsten Innovationen, die uns unserer langfristigen Vision von null Unfällen mit Volvo Trucks einen Schritt näherbringen wird.»

127,8 kWh auf 100 km ist nicht das Mass der Dinge. Mit ökologischerer Fahrweise lassen sich realistisch 110 kWh erreichen.
127,8 kWh auf 100 km ist nicht das Mass der Dinge. Mit ökologischerer Fahrweise lassen sich realistisch 110 kWh erreichen.

Das zweite System ist die nächste Generation der Kollisionswarnung mit Notbremsung. 2012 wurde dieses System erstmals eingeführt und seither kontinuierlich verbessert. Es nutzt sowohl Kamera- als auch Radarsensoren, um den Verkehr vor dem Lkw zu überwachen. Wird ein Kollisionsrisiko erkannt, warnt das System den Fahrenden und bremst bei Bedarf automatisch ab, um die Kollision zu vermeiden oder zumindest die Folgen eines Zusammenstosses zu mildern. Mit den neuesten Verbesserungen kann es nicht nur andere Fahrzeuge, sondern auch Fussgänger und Radfahrer erkennen, vor ihnen warnen und bremsen.

Das System erfüllt bereits die neue, strengere europäische Gesetzgebung für fortschrittliche Notbremssysteme, die erst 2028 in Kraft treten wird. Dieses automatische Bremssystem gehört in Europa seit 2025 zur Serienausstattung aller Lkw der Baureihen Volvo FH, Volvo FM und Volvo FMX und ist weltweit als Option erhältlich.

Gewöhnungsbedürftig ist die Umstellung vom Automatikwahlhebel im FH Aero 460 (links) zu Fahrtrichtungstasten im Electric.
Gewöhnungsbedürftig ist die Umstellung vom Automatikwahlhebel im FH Aero 460 (links) zu Fahrtrichtungstasten im Electric.

Kaum Komforteinbussen beim Diesel

Das zweite Testfahrzeug, der FH Aero 460 mit 13-Liter-Dieselmotor, ist aussen wie innen kaum vom BEV-Bruder zu unterscheiden. Auch das Fahrgefühl ist genauso gut, das Geräusch des Dieselmotors nimmt man kaum wahr und die Assistenten sind fast dieselben. Das I-Shift-Getriebe wechselt zügig und fein die Gänge. Einzig das um drei Tonnen höhere Betriebsgewicht und die um gut 200 PS geringere Leistung gegenüber dem FH Aero Electric machen den spürbaren Unterschied.

Der dieselbetriebene FH Aero 460 ist mit der neuesten Version von I-Roll mit Start/Stopp-Funktion ausgerüstet. Während I-Roll bisher auf einem bestimmten Streckenabschnitt den Gang ausgekuppelt, dazu bei Bedarf die Motorbremse eingesetzt und in den sogenannten Roll-Modus gewechselt hat, wird bei I-Roll mit Start/Stopp-Funktion der Motor über einen bestimmten Zeitraum ausgeschaltet (siehe Grafik). Dies erfolgt ausschliesslich im Economy-Modus, wenn mit vorausschauender Geschwindigkeitsregelung I-See mit mindestens 60 km/h gefahren wird. Eine zusätzliche Servopumpe am Getriebe unterstützt dabei die Servolenkung bei ausgeschaltetem Motor. I-See berechnet, wann bei ausgeschaltetem Motor ein I-Roll durchgeführt werden kann. Der Motor wird über die Kupplung automatisch wieder gestartet, wenn das Fahrzeug in Bewegung ist. I-Roll mit Start/Stopp-Funktion soll den Treibstoffverbrauch im Langstreckenverkehr um bis zu 1,4 Prozent verringern.

Wann schaltet I-Roll den Motor aus und wann wieder ein? Die Grafik erklärt es.
Wann schaltet I-Roll den Motor aus und wann wieder ein? Die Grafik erklärt es.

Bestnoten für Verbrauch und Fahrverhalten beider Volvo FH Aero

Beide Volvo Trucks zeigten sich auf unserer kurzen Testfahrt von ihrer besten Seite. Das Zusammenspiel von Motor, Getriebe und Assistenzsystemen war nahezu perfekt. Wer ein solches Fahrzeug lenken darf, fühlt sich rundum wohl. Einzig das fehlende CornerEye, die viel Platz einnehmenden Armaturen, die Schalter anstelle eines Automatikwahlhebels im FH Aero Electric, sowie seine limitierte Reichweite sind noch Punkte, die aus subjektiver Sicht verbessert werden könnten. Ansonsten gibt es am FH Aero – egal ob als Diesel- oder Elektrotruck – nichts zu beanstanden.

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