Auto-Designer Albert Kirzinger: «Wir schaffen Raum.»

TRANSPORTER-DESIGN Seit 1998 gehört er zum Designteam von Volkswagen, seit 2012 leitet er die damals neu gegründete Abteilung für Nutzfahrzeugdesign: Wir sprachen mit Albert Kirzinger über seine Arbeit und wollten wissen, was die DNA von Volkswagen Nutzfahrzeuge ausmacht.

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Auto-Designer Albert Kirzinger verantwortet das Aussehen aller Nutzfahrzeuge mit einem VW-Logo. Hier bei seinem Besuch in Bern.

Während der Covid-Krise und insbesondere im Angesicht tatsächlicher und möglicher Lockdowns erlebte das Segment der Camping- und Freizeitfahrzeuge einen nie dagewesenen Boom. Die Nachfrage hat sich seitdem in der Schweiz auf hohem Niveau eingependelt. So kamen gemäss auto-schweiz in den ersten neun Monaten des Jahres 2023 beachtliche 5226 neue Camper zu den Kundinnen und Kunden. Zum Vergleich: Im gesamten Kalenderjahr 2019 wurden 4766 neue Wohnmobile registriert.

So ist es keine wirkliche Überraschung, dass der Suisse Caravan Salon 2023 in Bern vom 26.–30. Oktober mit über 59’000 Besucherinnen und Besuchern einen neuen Besucherrekord aufstellte. Für VW Nutzfahrzeuge war es die perfekte Gelegenheit, die treue Schweizer Fangemeinde auf die nächste Generation des Erfolgsmodells California einzustimmen, denn die Produktion der aktuellen Version auf Basis T6.1 läuft in Kürze aus. Das Nachfolgemodell feiert im Frühjahr 2024 Weltpremiere und erste Fahrzeuge sollen noch im selben Jahr ausgeliefert werden. Wie der Nachfolger des erfolgreichsten Freizeitfahrzeugs ab Werk aussehen wird, ist bereits ziemlich klar. VW Nutzfahrzeuge brachte die seriennahe, Ende August erstmals gezeigte Studie California Concept auf Basis des Multivan mit nach Bern.

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Am California Concept erklärte der Designchef die Herausforderungen, das Erfolgsmodell auf die nächste Stufe zu hieven.

Auto-Designer Kirzinger, der Meister über alle Nutzfahrzeuge mit VW-Logo

Am Eröffnungstag präsentierte niemand Geringerer als Albert Kirzinger, Leiter der Designabteilung von VW Nutzfahrzeuge in Wolfsburg/Hannover und selbst grosser Campingfan, das Showcar. Wir nutzten die Gelegenheit, um uns mit dem Auto-Designer grundsätzlich über das Erscheinungsbild von leichten Nutzfahrzeugen von Volkswagen zu unterhalten. Wobei der Vollständigkeit halber erwähnt werden muss, dass Kirzinger und sein Team für das Design aller Nutzfahrzeuge mit einem VW-Logo zuständig sind, also auch für die technisch in Brasilien entwickelten, dort gebauten und in 32 Ländern vermarkteten LKW mit bis zu 78 t Gesamtgewicht von Volkswagen Caminhões e Ônibus. Kirzingers Kernteam besteht aus bis zu 70 Personen, dazu kommen noch je nach Projekt zusätzliche Freelancer. «Design funktioniert nicht mehr mit einzelnen Köpfen, sondern kooperativ», erklärt der gebürtige Österreicher dazu und fügt an: «Man muss zudem mit den Aufbauern eine gute Partnerschaft pflegen.»

Die Kunden als Creators

Auf die Frage nach der Design-DNA von VW Nutzfahrzeuge holt Kirzinger aus: «Man unterscheidet zwischen Produkt- und Design-DNA, wobei Letztere mehr als nur Styling ist. Sie ist eine am Kunden ausgerichtete Funktion mit Ästhetik. Wofür stehen wir als Marke? Wir sind eine Space Company. Wir schaffen Raum, egal, für welche Zielgruppe. Mit End- und Flottenkunden definieren wir die verschiedenen Räume. Die Design-Werte sind immer von den Kunden aus generiert. Das Design ist geräumig, logisch und seamless – der Kunde muss definieren können, wie er den Raum benutzt, zum Beispiel mit den flexiblen Sitzen im Multivan. Mein Mantra ist die Ästhetik des Nutzens. Es gibt keinen Zustand, sondern eine aktive Nutzung; die Kunden haben immer etwas vor mit unserem Fahrzeug. Das macht unsere Produkte ikonisch. Die grösste Ikone ist der Bulli und darauf aufgebaut, der California. Mit ihm verknüpft man Erlebnisse.»

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Viele kleine neue Details erfreuen das Herz des California-Fans. Ob es alle auch in die Serie schaffen werden?

Die stilistische Ausprägung der Volkswagen-Nutzfahrzeuge – oder ihre Ästhetik – entstand aus lang gewachsener Tradition. Sie umfasst den geschlossenen Raum und soll zeitlos sein. Die Linie rundherum, aussen wie innen, definiert den Raum. Heute ist jedes Fahrzeug an der Brüstung, also bei den Fenstern, optisch getrennt durch Farben und andere Materialien. Die sogenannte Bulli-Linie von Volkswagen ist tiefer und daher einzigartig. «Zu unserer Design-DNA gehören ganz klare Grafiken, kurze Überhänge, ikonografische Elemente und jede Ecke hat ihre Logik», führt Auto-Designer Kirzinger weiter aus. «So zeigt die A-Säule immer auf die Mitte des Rades.»

Transformation (noch) ohne Revolution für Auto-Designer

Wird ein Fahrzeug nur als BEV und nicht als Multiplattform entwickelt, gibt das dem Designer mehr Freiheiten, wie das Beispiel des ID. Buzz mit seinen grossen Rädern und den sehr kurzen Überhängen zeigt. «Trotzdem brauchen diese Fahrzeuge weiterhin eine Nase für Crash-Sicherheit und auch für die Luftzufuhr. Es entstehen neue Herausforderungen, zum Beispiel bei den Proportionen und dem optischen Schwerpunkt. Wirklich frei in der Raumgestaltung werden wir eventuell mit der kommenden SSP-Plattform sein, der Nachfolgeplattform des aktuellen modularen Elektronik-Baukastens (MEB).»

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Die nächste Generation des VW California feiert im Frühjahr 2024 Weltpremiere. Erste Fahrzeuge sollen noch im selben Jahr ausgeliefert werden.

Der nächste California auch als PHEV

Während die aktuelle Generation des VW California auf Basis des Transporters T6.1 gebaut wird, bietet die künftige Basis Multivan mehr Möglichkeiten, etwa durch das Angebot eines Plug-in-Hybrid-Antriebs (PHEV), das superflexible Einzelsitzkonzept und die serienmässigen zwei seitlichen Schiebetüren, die eine Anpassung des Wohn- raums erforderten. Die Küche kann nun von beiden Seiten aus benutzt werden – von innen wie aussen. Und während nun auf der Küchenseite eine Markise für Schutz sorgt, kann auf der anderen Fahrzeugseite beispielsweise ein Sonnensegel aufgespannt werden.

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Die Küche kann nun von beiden Seiten aus benutzt werden – von innen wie aussen.

Das California Concept verfügt über ein Leichtbaudach und maximal vier Sitzplätze, um Gewicht einzusparen. Es ist 197 cm hoch und der (mit aufgesetztem Dach) grössere Querschnitt gegenüber eines Standard-Multivans konnte durch den cW-Wert überkompensiert werden, hat also keinen Einfluss auf den Verbrauch. Weiter kommt ein überarbeitetes PHEV-System zum Einsatz, dessen reine EV-Reichweite sich gegenüber der aktuellen Version fast verdoppelt, sodass von Campingplatz zu Campingplatz oft emissionsfrei gefahren werden kann.

Die Entwicklung des neuen California wurde bereits 2016 beim neuen Multivan «mitgedacht» und konkretisierte sich ab 2020.

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